Gastbeitrag Südwestpresse (Neckar-Chronik): Vom langen Arm Chinas

Gastbeitrag Südwestpresse (Neckar-Chronik): Vom langen Arm Chinas

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Viel wurde die letzten Wochen über den Schutz unserer kritischen Infrastruktur diskutiert. Die Fälle um die chinesische Staatsreederei Cosco und den Dortmunder Chiphersteller Elmos haben nicht nur für ein Wachrütteln in Politik und Gesellschaft gesorgt, sondern auch die Debatte entfacht, wie wir unsere kritische Infrastruktur und Schlüsseltechnologien vor politischen Einflussnahmen in Zukunft besser schützen können.

Der Hamburger Hafen ist dabei ein kleines Tor, in dem sich große weltpolitische Spannungen exemplarisch entladen. In Deutschland stehen wir einer zunehmenden Einflussnahme autokratischer Regime gegenüber. Sie versuchen unsere liberale Grundordnung zu unterwandern und zwingen unsere Demokratie in einen direkten Systemwettbewerb. Von Rotterdam bis Istanbul, von Antwerpen bis nach Piräus ist der chinesische Staatskonzern Cosco bereits an fast allen großen europäischen Häfen beteiligt. Dass der Konzern vor diesem Hintergrund ernsthaft aus finanziellen und nicht etwa strategischen machtpolitischen Gründen im Ausland investiert, ist vorsichtig gesagt eine gewagte Annahme. Als Freie Demokraten haben wir daher von Anfang an vor der Beteiligung der chinesischen Staatsreederei gewarnt. Alle FDP-geführten Ministerien haben eine Protokollerklärung des Auswärtigen Amtes unterschrieben, in der wir unseren Protest zum Ausdruck gebracht haben. Verhindern konnten wir sie aufgrund der geltenden Rechtslage nicht.

Die entschlossene Haltung der FDP scheint jedoch nun auch im Wirtschaftsministerium Echo zu finden. Habecks Ministerium hat vergangene Woche beschlossen, den Verkauf des Dortmunder Chipproduzenten Elmos an einen chinesischen Investor zu untersagen. Warum? Weil es eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den Erwerb befürchtet. Die These, dass Außenhandel zu Wandel beiträgt, ist damit überholt – das hat uns nicht zuletzt auch Russland schmerzhaft vor Augen geführt. Unsere bisherige Blauäugigkeit zeigt, dass die notwendige Zeitenwende noch nicht in aller Konsequenz in der Politik angekommen ist. Als Industrienation müssen wir jetzt handeln und einseitige Abhängigkeiten von autoritären Regimen verringern. Natürlich bedeutet das keine vollständige Abkehr des Handels mit China, aber er muss auf Augenhöhe stattfinden. China würde niemals zulassen, dass ein deutsches Unternehmen sich vor Ort in die kritische Infrastruktur einkauft. Der Schlüsselbegriff lautet daher Reziprozität: Wir öffnen uns den Chinesen so, wie sie sich uns öffnen. Als Freie Demokraten stoßen wir jetzt eine Reform des Außenwirtschaftsgesetzes an, wofür ich bereits 2016 und 2018 plädiert habe. Nur so können wir Einflusssphären verringern und unsere liberalen Werte schützen.

Der Gastbeitrag erschien in Neckar-Chronik am 17.11.2022