Gastbeitrag Südwestpresse (Neckar-Chronik): Handeln und Haften

Gastbeitrag Südwestpresse (Neckar-Chronik): Handeln und Haften

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In den letzten Wochen überschlagen sich die Ereignisse. Wir befinden uns aufgrund der pandemischen Verbreitung des neuen Coronavirus COVID-19 / SARS-CoV-2 in einer schweren Krise. Sie erschüttert unser Gemeinwesen in seinen Grundfesten. Es ist die größte Bewährungsprobe für Gesundheitssystem, Wirtschaft und liberale Demokratie seit Jahrzehnten.

Das Corona-Virus hat Deutschland erreicht und breitet sich zunehmend aus. Um möglichst viele Leben zu schützen, geht es nun vor allem darum, die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus zu verlangsamen. Nur so kann eine Überlastung des Gesundheitssystems vermieden werden. Bund, Länder und Kommunen greifen deshalb im ganzen Land zu drastischen Maßnahmen, versuchen das öffentliche Leben herunter zu fahren und Kontakte zwischen Menschen zu reduzieren.

Ich möchte anregen, dass sich zunächst alle auf die Grundsätze der Eigenverantwortung besinnen – das heißt, dass nun freiwillig alle unnötigen sozialen Kontakte vermieden werden. Die Eindämmung des Virus und die Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems hat oberste Priorität. Auch die bisher getroffenen staatlichen Eingriffe in das öffentliche Leben sind aus Gemeinwohlgründen gerechtfertigt.

Diese Eingriffe führen gleichwohl zu einer wirtschaftlichen Krise, die der IfW-Chef Felbermayr als „Mutter aller Rezessionen“ bezeichnet hat. Kaum ein Betrieb bleibt verschont. Vom Kiosk bis zur Chemieindustrie, vom Friseurgeschäft über den mittelständischen Maschinenbauer bis zum globalen IT-Konzern brechen Arbeitsaufkommen, Umsätze und Gewinne ein. Selbst bislang gesunde, profitable Unternehmen geraten unverschuldet in Zahlungsschwierigkeiten. Ohne schnelle Hilfe würde vielen die Insolvenz drohen.

Da diese Rezession eine Folge staatlichen Handelns ist, gebietet die Einheit von Handeln und Haften hier eine tiefgreifende staatliche Unterstützung. Es muss nun darum gehen, die Wirtschaft zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern.

Bisher zu wenig beachtet sind dabei kleine und kleinste Unternehmen. Es wäre dringend nötig, für schnelle, unbürokratische Hilfe insbesondere für Selbstständige, Freiberufler, Freelancer und Kleinstunternehmer zu sorgen. Das gebietet die Einheit von Handeln und Haften. Wenn der Staat (zu Recht!) das gesellschaftliche Leben und wirtschaftliche Tätigkeiten massiv einschränkt, muss auch der Staat hier in die Haftung gehen. Bei Menschen, denen häusliche Isolation oder Quarantäne angeordnet wird, ist das übrigens schon jetzt der Fall. Entsprechende Unterstützung kann man beim zuständigen Gesundheitsamt beantragen.

Trotz dieses Notstands muss auch die liberale Demokratie bewahrt werden! Es ist fundamental wichtig, die Arbeitsfähigkeit der Parlamente zu sichern und eine Mindestkontrolle über die Regierungen in Bund und Ländern ausüben zu können. Wo Notstandsgesetze erlassen werden, müssen die Parlamente den Notstand jederzeit wieder aufheben können. Es wäre fatal, in dieser Krise die freiheitlich-demokratische Grundordnung für ein Gefühl der Sicherheit zu opfern.