Blogbeitrag: Praktikum im Bundestag

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Meine letzte Praktikantin in meinem Berliner Abgeordnetenbüro hat ihre Eindrücke und Erfahrungen in einem Beitrag zusammengefasst, den ich gerne teile.  Falls euch ein Praktikum im Bundestag interessieren würde und ihr mal hinter die Kulissen blicken wollt, findet ihr hier Hinweise wie ihr euch bewerben könnt.

Und jetzt viel Spaß beim Lesen:

„Im meinem Praktikum durfte ich die parlamentarische Arbeit von Michael Theurer kennenlernen und Einblicke in verschiedene Gremien und Prozesse der Fraktion erhalten.

Die Motivation für das Praktikum war, herauszufinden, ob sich meine Interessen und Begabungen mit den Anforderungen an Abgeordnete und Mitarbeiter des Bundestages decken. Da das Orientierungspraktikum in der Phase zwischen dem Abitur und der Aufnahme eines Studiums lag, konnte ich die vielen Eindrücke und Gespräche mit Mitarbeitern des Bundestages in meine berufliche Orientierung und die anstehende Wahl eines Studienganges mit einfließen lassen.

Zudem wollte ich durch die Teilnahme an verschiedenen Sitzungen und Veranstaltungen einen authentischen Einblick in die politische Arbeit erhalten und verstehen, welche Stationen ein Gesetz von der Idee bis zur konkreten Umsetzung durchlaufen muss.

In Bezug auf die Arbeit von Michael Theurer hat die Zeit in seinem Büro sehr zu meiner Anerkennung für die Arbeit als MdB im Allgemeinen – aber auch für ihn persönlich als Verantwortungsträger innerhalb der Bundestagsfraktion beigetragen. Schon die zeitliche und räumliche Dimension seiner Arbeit finde ich erstaunlich und im Hinblick auf seine familiäre Situation als „frisch gebackener“ Vater bewundernswert. Die kontinuierliche Begeisterung für seine Kernthemen Wirtschaft, Energie, Gesundheit und Arbeit, die er bei Podiumsdiskussionen, Pressegesprächen und Plenarreden vielfach bewiesen hat, werden mir in positiver Erinnerung bleiben.

Auch in Bezug auf die parlamentarischen Arbeitsprozesse konnte ich viel Neues erleben und lernen. Die Nachteile von demokratischen Richtlinien (u. a. das Recht auf parlamentarische Debatten unabhängig der Tageszeit) wurden in der Länge der Plenarsitzungen deutlich [Anmerkung des Büros: Gemeint ist, dass ein Redner unabhängig der aktuellen Uhrzeit jederzeit das Recht hat seine Rede halten zu können. Es gibt keine Möglichkeit Abgeordnete, z.B. mit einer Mehrheit, zu zwingen die Rede lediglich zu Protokoll zu geben. Das Resultat sind regelmäßig an Donnerstagen Sitzungsenden weit nach Mitternacht. Durch eine bereits beschlossene Änderung werden künftig fünf Tagesordnungspunkte von Donnerstag auf Mittwoch verlegt, um Donnerstags möglichst vor Mitternacht fertig zu sein]. Vor der Zeit im Bundestag hatte ich ebenso wenig gewusst, warum die Präsenz im Plenum meist gering ausfällt und die anwesenden Abgeordneten die meiste Zeit anderweitig mit Unterlagen beschäftigt sind, während Kollegen am Rednerpult stehen. Das Paradoxon, dass abwesende Mitglieder des Bundestages mit hoher Wahrscheinlichkeit arbeiten und produktiver sind als diejenigen Politiker, die im Plenum sitzen, ist mit Sicherheit auch für die Menschen jenseits des politischen Berlins von Interesse, denn das Wissen beugt dem Eindruck eines trägen politischen Apparates vor.

Wie produktiv Politik sein kann, konnte ich beim Besuch von Sitzungen diverser Ausschüsse feststellen. Im Rahmen öffentlicher Anhörungen kamen eingeladene Experten und Abgeordnete in einen direkten Dialog, konkrete Anliegen und Vorschläge aus der Praxis konnten in die Gesetzesentwürfe eingebracht werden. Auch bei Sitzungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit überraschte mich die produktive Zusammenarbeit aller Fraktionen und legte den Kontrast zu mutmaßlich inszenierten oder zumindest provozierten Auseinandersetzungen und Profilierungsversuchen bei öffentlichen Veranstaltungen offen. Nicht nur Angehörige aller Richtungen des politischen Spektrums in Deutschland scherzten miteinander, auch mit den Abgeordneten der Assemblee Nationale herrschte bei einer gemeinsamen Sitzung ein kollegiales Verhältnis, bei dem alle Anwesenden die Wichtigkeit der transnationalen Kooperation betonten.

Immer wieder wurde deutlich, wie wichtig die politische Berichterstattung für die Mitglieder des Bundestages ist. Als oppositioneller Politiker erweist es sich oftmals als schwierig, in den Leitmedien einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, mögen die Aussagen und Forderungen noch so innovativ und zielführend sein. In politisch und gesellschaftlich bewegten Zeiten konzentriert sich die mediale Arbeit auf wenige Gesichter und Stimmen, sodass manche Menschen aus den Reihen der kleineren Fraktionen auf Begriffe wie Mediendemokratie zurückgreifen oder gar anfangen, Journalisten als Lügenpresse zu diskreditieren. Es ist der Anfang eines Kreislaufes, des Ringens nach Aufmerksamkeit, der oftmals als logische Konsequenz die verbale Verrohung einerseits und oder alternativ Stimmenverluste andererseits mit sich zieht.

Und was kann man als politisch interessierter Bürger konkret daran ändern? Man sollte gute Ideen unterstützen, indem man von seinen Partizipationsmöglichkeiten Gebrauch macht. Das heißt konkret mehr als ein Kreuz auf dem Wahlzettel zu machen, denn Teilnahme beginnt bei Bürgergesprächen und –anfragen, bei der Verbreitung einer Position im sozialen Umfeld, nur dann erregen bestimmte Themen die mediale Aufmerksamkeit und können wirksam an die Bevölkerung weitervermittelt werden.

Thematisch wurde der Zeitraum im Herbst 2019 von vielen Ereignissen und Entwicklungen dominiert, die Bürgern und ihren parlamentarischen Repräsentanten gleichermaßen Grund zur Sorge geben konnten. Diese Sorgen spiegelten sich nicht nur in den politischen Debatten und Medienberichten, sondern auch in persönlichen Bürgerbriefen und Gesprächen wieder. Der demographische Wandel der deutschen Bevölkerung in Verbindung mit zunehmenden Souveränitätsbestrebungen in aller Welt spiegelte sich in der Rezession der deutschen Wirtschaft wieder. Dadurch mussten Antworten auf viele Fragen zur Arbeits- und Sozialpolitik, allen voran die Debatte zur Grundrente, beantwortet werden. Innenpolitisch wurden nach zwei Jahren der Großen Koalition ernüchternde Bilanzen gezogen, während völkerrechtswidrige Militäroperationen der Türkei im Nahen Osten und das wirtschaftliche Zerwürfnis der Vereinigten Staaten mit China sowie der Brexit das außenpolitische Geschehen kennzeichneten. Als die wohl größte Herausforderung oder – optimistisch ausgedrückt – Aufgabe der heutigen Zeit zog sich der Klimawandel und die sich zunehmend abzeichnenden Folgen der globalen Erwärmung wie eine rote Linie durch sämtliche Diskussionen und Veranstaltungen. Wer in seiner Argumentation Aspekte der Nachhaltigkeit außer Betracht ließ, disqualifizierte sich so selbst, ehe umweltbewusste Politiker und mehr oder weniger radikale Anhänger der Klimabewegung darauf hinweisen konnten. Angesichts dieser in vielerlei Hinsicht besorgniserregenden Entwicklungen und darauffolgende Reaktionen, die gleichzeitig aber auch aus der Perspektive einer Praktikantin spannend zu beobachten waren, wirkte das 30-jährige Jubiläum der deutschen Einheit wie ein Lichtblick. Bei der vereinbarten parlamentarischen Debatte am 9. November zu sehen, dass bei allen Dissonanzen auch Einigkeit in manchen Themen bestehen kann, war daher eine willkommene Abwechslung.

Ein Highlight neben den Sitzungsbesuchen vieler Ausschüsse waren die zahlreichen parlamentarischen Debatten, die ich mit großem Interesse verfolgt habe. Ich empfand es als sehr spannend und lehrreich, ein Thema auf allen Stationen zu begleiten. Den Weg des Bürokratieentlastungsgesetzes III, des Positionspapieres „Tempo für Deutschland“ und der Schlüsseltechnologie Wasserstoff konnte ich durch die Recherche online und die Lektüre von Michael Theurers Gastbeiträgen in diversen Zeitungen, wie auch bei Sitzungen der Arbeitsgruppen und des Arbeitskreises, öffentlichen Expertenanhörungen und Pressehintergrundgesprächen mitverfolgen. Auch die finale Erarbeitung der Redetexte, das Spiel mit prägnanten Formulierungen und klaren Forderungen von Michael Theurer mit seinen Mitarbeitern unmittelbar vor der Rede im Plenum, waren wichtige Eindrücke während meines Praktikums. Allgemein stellte sich die Rhetorik in politischen Debatten für mich als besonders interessantes Thema heraus, ob im Plenum, bei Presseerklärungen oder Podiumsdiskussionen. Insofern war ich froh, mit Herrn Theurer einen sprachlich überzeugenden und diskussionserfahren parlamentarischen Paten gehabt zu haben.

Auch die vielseitigen politischen Institutionen und Ämter, die Michael Theurer auf seinem beruflichen Weg durchlaufen hat, bereicherten die Zeit im Bundestag. Seine Erfahrungen als Oberbürgermeister, als Abgeordneter des Landtages und des Europäischen Parlamentes zeigten sich immer wieder in seiner Tätigkeit in der Hauptstadt. So ließ er beispielsweise beim Thema Wasserstoff und Sun-to-liquid die sich daraus ergebenden Möglichkeiten einer europäischen Zusammenarbeit nie aus dem Blick und widmete dem Thema E-Mobilität, von dem die zu großen Teilen in Baden-Württemberg angesiedelte deutsche Automobilindustrie unmittelbar betroffen ist, besonders viel Zeit. Auch glaube ich, dass seine Offenheit und Gesprächsbereitschaft gegenüber zahlreichen Abgeordneten anderer Fraktionen keine Selbstverständlichkeit ist. Dies zeigte sich nicht zuletzt an der Empfängerliste seines persönlichen Geburtstags – und Weihnachtsbriefes, sondern auch an der Menge an Visitenkarten, die ich am Ende meines Praktikums digitalisieren konnte.

Ich blicke auf eine lehrreiche Zeit mit vielen interessanten Erfahrungen und Gesprächen zurück und bin dankbar für die Eindrücke, die ich während des Praktikums im deutschen Bundestag sammeln durfte. Die Erfahrung wünsche ich vielen anderen Abiturienten und Studierenden in meinem Alter, die politisch interessiert sind und sich Gedanken über ihre berufliche Zukunft machen, auch wenn die Realisierung von mehr Praktikumsmöglichkeiten an den räumlichen und zeitlichen Kapazitäten der Abgeordnetenbüros scheitert. Die Arbeit von Michael Theurer werde ich über die diversen soziale Netzwerke weiter mitverfolgen und hoffe, ihn und sein Team in den Medien oder in live wiederzusehen.“

Der Text spiegelt einzig die persönliche Meinung der Praktikantin Luca Klander wieder und wird mit ihrer freundlichen Genehmigung veröffentlicht.