Focus-Online Gastbeitrag: AKKs Saarland-Bilanz zeigt: Ihre Wirtschaftskompetenz darf angezweifelt werden

Focus-Online Gastbeitrag: AKKs Saarland-Bilanz zeigt: Ihre Wirtschaftskompetenz darf angezweifelt werden

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Die Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Parteivorsitzenden ist eine Zäsur für die CDU. Während wirtschaftsliberale Unionsanhänger, -Mitglieder und Abgeordnete bisher mit der sprichwörtlichen Faust in der Tasche auf die Zeit nach der Ära Merkel hofften, sind ihre Träume nun zerstört. Wie geht es weiter?

Die jüngste Diskussion bei Anne Will lieferte einen leisen Vorgeschmack darauf, wie Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Vorsitzende auftreten wird: Inhaltlichen Fragen weicht sie gekonnt aus, indem sie mit vielen Worten nichts sagt. Auf Kritik an ihrer verheerenden Bilanz als Ministerpräsidentin reagiert Kramp-Karrenbauer mit rhetorischen Kniffen – Kritik an den Ergebnissen oder besser gesagt Nicht-Ergebnissen ihrer Politik, etwa das regelmäßig schwache Wirtschaftswachstum, wertet sie als despektierlich gegenüber den Saarländerinnen und Saarländern und mit dem Hinweis auf regionale Sondereffekte ab. Gerade so, als ob andere Bundesländer keinen Strukturwandel zu bewältigen hätten. Ein Wirtschaftswachstum von preisbereinigten -1,2% – in Worten minus eins Komma zwei – im Jahr 2016 mitten in einer Boomphase als Erfolg zu verkaufen ist jedenfalls eine Kunst.

Die Wirtschaftskompetenz darf bei AKK angezweifelt werden

Und sie kommt damit auch noch durch. Bei anderen hätte Anne Will möglicherweise etwas kritischer nachgefragt: Im ersten Halbjahr 2018, dem letzten mit Kramp-Karrenbauer als Ministerpräsidentin, belegte das Saarland im Wachstum den letzten Platz aller Bundesländer. Nicht das erste Mal. 2016 war es gar das einzige Bundesland mit schrumpfender Wirtschaftsleistung.

Die Wirtschaftskompetenz darf bei AKK also durchaus angezweifelt werden. Anders als bei Merz. Dieser war der lange ersehnte Hoffnungsträger des gesamten Wirtschaftsflügels der Union, seine Kandidatur für viele wie ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk. Seine Wahl hätte nach 13 Jahren wirtschafts- und finanzpolitischer Sozialdemokratisierung der Union den Startschuss für eine marktwirtschaftliche Erneuerung gegeben. In den Regionalkonferenzen der Union wurde deutlich, wie sehr sich die Basis danach sehnt. Und das völlig zurecht: Deutschland ist nicht auf Wohlstand und Aufschwung abonniert. Das Wachstum hat sich zuletzt deutlich abgeflacht. Statt notwendige Entlastungen auf den Weg zu bringen, erhöht die Bundesregierung die Belastungen für die Unternehmen. Doch das Dach muss man reparieren wenn die Sonne scheint. Wenn die CDU das Erbe Ludwig Erhards ernst nimmt, müsste sie als stärkste Partei starke Impulse für wirtschaftliche Freiheit setzen.

Es stellt sich gleichzeitig für viele die Frage: Wenn nicht die Union, was dann?

Kramp-Karrenbauer fiel in der Vergangenheit jedoch eher mit Forderungen nach dirigistischen Staatseingriffen auf, etwa einem höheren Spitzensteuersatz oder einer Frauenquote für Unternehmen. Für die Mitglieder des Wirtschaftsrats oder der Mittelstandsvereinigung der Union stellt sich also die Frage, ob sie noch einmal 18 Jahre lang eine Partei unterstützen wollen, die mit ihren Werten oder vernünftiger Wirtschaftspolitik nicht mehr viel zu tun hat. Auch Konservative dürften auf Dauer nur mäßig auf ihre Kosten kommen.

Es stellt sich gleichzeitig für viele die Frage: Wenn nicht die Union, was dann? Für alle, die die soziale Marktwirtschaft mit Selbstbestimmung in allen Lebensbereichen verbinden möchten, sind die Freien Demokraten mit Sicherheit eine gute Alternative: Wo sich Merz einem staatsgläubigen Zeitgeist entgegenstellte, auf die Durchsetzung des Rechtsstaats pochte und für eine Revitalisierung der Sozialen Marktwirtschaft warb gibt es große Schnittmengen – gerade auch in konkreten Fragen wie der Stärkung der kapitalgedeckten Altersversorgung etwa über die Förderung des Aktiensparen oder der vollständigen Abschaffung des Soli. Allerdings darf man nicht vergessen, dass Merz gleichzeitig zutiefst konservativ ist, während die FDP eine progressive, weltoffene, zukunftsgewandte Partei ist. Nicht jeder Merz-Anhänger wird sich hier heimisch fühlen, denn Wirtschaftsliberalismus allein macht noch keinen Liberalen. Zukunftsgewandte Weltoffenheit, Eintreten für die weltbeste Bildung sowie gesellschaftliche Modernität und Toleranz gehören eben auch dazu.

Das sind schlechte Nachrichten für unser Parteiensystem

Es ist dennoch zu erwarten, dass eine tief gespaltene Union weder Nationalkonservative noch Wirtschaftsliberale wird binden können. Nach der Wahl von Kramp-Karrenbauer wird sie weiter munter im linken Lager wildern – schon jetzt ist Kramp-Karrenbauer bei den Anhängern der Grünen wesentlich beliebter als bei denen der eigenen Partei. Das sind schlechte Nachrichten für unser Parteiensystem –  bei der AfD dürften die Sektkorken knallen.

2019 sind Landtagswahlen in Bremen, Sachsen, Thüringen und Brandenburg, außerdem die Europawahl. Hier wird sich zeigen, ob Kramp-Karrenbauer in der Lage ist, außerhalb des Saarlands Wahlerfolge zu erzielen. In einer Situation, wo es vermutlich Fahrverbote einschließlich umfassender Videoüberwachung geben wird, kein gesellschaftlicher Grundkonsens in der Migrationspolitik gefunden ist und der Koalitionspartner immer weiter in Richtung Linkspartei abdriftet zeichnet sich eher ab, dass uns turbulente Zeiten bevorstehen. Eine in sich gespaltene Union ist da eine Gefahr für die Stabilität des gesamten Parteiensystems. Für Deutschland wäre eine andere Wahl besser gewesen.

Die FDP jedenfalls wird ihren Teil gegen ein Abdriften bürgerlicher Wähler an die politischen Ränder beitragen – mit einem klaren rechtsstaatlichen, marktwirtschaftlichen und bürgernahen Profil. Wer ein einfaches, gerechtes und transparentes Steuersystem mit niedrigen Steuersätzen will, die Lösung des Wohnungsmangels durch Anreize zum Neubau, einen Staat der sich auf seine Kernaufgaben fokussiert und Investitionen in Bildung und Infrastruktur nicht vernachlässigt, der wird hier auch weiterhin eine demokratische Alternative der Mitte finden. Ich persönlich freue mich auf die bevorstehenden Wahlkämpfe und den demokratischen Wettstreit mit der neuen CDU-Vorsitzenden!