Was denken die Deutschen über das Europäische Parlament?

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Die Richtlinien und Gesetze der Europäischen Union genießen unter den deutschen Bürgern meistens ein nicht allzu gutes Ansehen. Oft fühlen sich Bürgerinnen und Bürger uninformiert und bezweifeln die Bürgernähe der getroffenen Entscheidungen des Parlaments.

Doch was denken die Deutschen Bürgerinnen und Bürger wirklich über das Europäische Parlament? Sind sie mit ihrer Meinung im EU-Durchschnitt? Täuscht vielleicht sogar die wahrgenommene öffentliche und mediale Meinung? Diesen Fragen geht regelmäßig ein Meinungsforschungsinstitut der Kommission nach und veröffentlicht ein sogenanntes „Eurobarometer“ mit den Ergebnissen. Die aktuellen Umfragewerte sind von Dezember 2011.

Zum Nachlesen [PDF]: European Parliament Eurobarometer – Analysis

Haben Sie in der letzten Zeit Informationen über die Aktivitäten des Europäischen Parlamentes in der Presse wahrgenommen? Wie informiert fühlen sie sich? 

Fast 70 Prozent aller Deutschen fühlen sich schlecht informiert über die Aktivitäten des Europäischen Parlaments, damit liegen sie ganz im EU-Durchschnitt und dies obwohl die Deutschen angeben, überdurchschnittlich viel von der Presse über die Arbeit des Parlaments informiert zu werden. Hauptsächlich die jüngere Generation zwischen 15 und 24 Jahren fühlt sich aber nicht adäquat informiert – 82 Prozent von ihnen geben an sich nicht informiert zu fühlen.

Auffällig bei dieser Frage ist das Ergebnis der Malteser: Dreiviertel von ihnen geben an in den Medien über die Aktivitäten des Parlament informiert worden zu sein (EU-Durchschnitt 56 Prozent).  Im Gegensatz dazu hat die Hälfte der Franzosen  in der letzten Zeit nichts über die Aktivitäten des Europäischen Parlaments aus der Presse erfahren – Drei Viertel der Franzosen fühlen sich generell uninformiert über die Aktivitäten des Europäischen Parlaments.

Es besteht jedoch erstaunlicherweise im Allgemeinen kein Zusammenhang zwischen der medialen Wahrnehmung der Aktivitäten des Parlaments und dem Empfinden der Bürgerinnen und Bürger, wie informiert sie sich fühlen.

Ist das Europäische Parlament mächtig genug?

Durch den Lissabon Vertrag hat das Europaparlament mehr Macht erhalten, doch sind die Bürger wirklich schon zufrieden mit dem Machtzuwachs? Oder war es ein Schritt in die falsche Richtung?

Knapp die Hälfte der EU Bürger sind der Meinung, dass das Europäische Parlament an Bedeutung gewinnen sollte. In Deutschland teilen diese Meinung nur unwesentlich weniger Menschen. Insbesondere bei den deutschen  Studenten (ab 20 Jahren) findet die Forderung nach einem Bedeutungszuwachs Zustimmung. Interessant ist jedoch, dass im Vergleich zur letzten Umfrage die Zustimmungswerte zu einem mächtigeren Europäischen Parlament um zehn Prozent gesunken sind.

In dieser Frage stechen besonders Griechenland und Zypern hervor. Dreiviertel der Befragten würden dem Europäischen Parlament eine größere Bedeutung zusprechen. Man muss jedoch beachten, dass diese Umfrageergebnisse noch vor der Griechenland-Krise entstanden sind. Auch in Spanien findet ein gestärktes EU Parlament eine Zustimmung von 70 Prozent. Die Schweden, Niederländer und die Briten haben deutlich geringere Zustimmungswerte. In Großbritannien ist die Hälfe der Bevölkerung für einen geringeren Einfluss des Parlamentes. Die Schweden und Niederländer folgen dicht mit 40 Prozent gegen einen größeren Einfluss.

Die Werte der Antwortmöglichkeit „geringerer Einfluss des Parlamentes“ sind die einzigen Werte, in der regelmäßig durchgeführten Umfrage, die kontinuierlich, linear steigen. Im Vergleich zu der Umfrage von vor drei Jahren ist der Wert um zehn Prozent gestiegen.

Aufgrund welcher Kriterien sitzen die Mitglieder des Europäischen Parlaments im Parlament? Nationalität oder Parteizugehörigkeit?

Den Umfrageergebnissen zu Folge sitzen die Europaabgeordneten lediglich aufgrund ihrer Nationalität im Europaparlament unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit.

Ganze 38 Prozent der EU Bürger sind fälschlicherweise der Meinung, dass die Abgeordneten aufgrund ihrer Nationalität vertreten sind. Nur 42 Prozent wissen, dass sie aufgrund ihrer parteipolitischen  Überzeugungen gewählt werden. In Deutschland – knapp übertroffen von den Bulgaren – können 29 Prozent keine Angaben bei dieser Frage machen.  Die Zahl derer, die die Nationalität, beziehungsweise die politische Ausrichtung als Grund angeben ist unter den deutschen Bürgern fast identisch. 

Am Besten abgeschnitten haben die Niederländer. Dort wissen über zwei Drittel der Bürger die richtige Antwort.

Welche Eigenschaften schreiben sie dem Europäischen Parlament zu?

Die Effektivität des Europäischen Parlaments wird von den EU-Bürgerinnen und  Bürger gleichermaßen angezweifelt wie bestätigt. Jeweils knapp 40 Prozent halten die Arbeit des Parlaments für effektiv, beziehungsweise uneffektiv. Mittlerweile kann jedoch eine Steigerung bei der Zustimmung zu den demokratischen Strukturen des Parlaments festgestellt werden. Zwei Drittel der EU Bürger sind der Überzeugung, dass das Parlament demokratisch ist.  Es besteht aber auch in vielerlei Hinsichten noch Potenzial zur Verbesserung. So sind beispielsweise die Hälfte der Befragten der Meinung, dass das Parlament nicht ausreichend bekannt ist. Die deutschen Bürger sind an letzter Stelle in der Frage in wieweit das Europaparlament auf die Bürger eingeht/hört. Mehr als Zwei Drittel  der Deutschen geben an, dass dies nicht der Fall ist – der EU Durchschnitt liegt nur knapp bei 50 Prozent.

Welche Werte vertritt ihrer Meinung nach das Europäische Parlament?

Bei der Frage nach den Werten, die das Europäische Parlament vertreten sollte,  stehen im EU-Durchschnitt die Achtung der Menschrechte auf Platz eins. Platz zwei belegen die Redefreiheit und die Gleichstellung der Geschlechter. Erst auf Platz drei folgt die Solidarität zwischen den EU Mitgliedsländern.

Im Ranking der Deutschen steht der Wert der Solidargemeinschaft bereits auf Platz zwei (43 Prozent)  und erst danach folgt die Gleichstellung der Geschlechter.

Anderen Ländern – insbesondere Länder, die im Zuge der Osterweiterung der EU beigetreten sind – bewerten die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten wesentlich höher. Merklich über dem EU-Schnitt von 35 Prozent sind die Slowakei, Slowenien, Rumänien, Bulgarien, die Tschechische Republik sowie Griechenland.

Auf die Wirtschaftskrise ist wohl zurückzuführen, dass die Solidargemeinschaft der einzige Faktor ist der in seiner Bewertung im Vergleich zum Vorjahr angestiegen ist. Der vermehrte Zusammenhalt ist insbesondere in Krisenzeiten für die Bürger von hoher Bedeutung.

Kleinere Staaten wie Malta und Luxemburg hingegen bewerten den Schutz von Minderheiten als überdurchschnittlich wichtig.

Interessant ist auch das Ranking von Großbritannien. Die Britten bewerten die Redefreiheit mit 54 Prozent (EU 36 Prozent) als wichtigerer Faktor im Vergleich mit dem Schutz der Menschenrechte (UK Prozent/EU Prozent), der bei allen anderen Ländern auf Platz eins ist.

Wie sich in der Umfrage gezeigt hat, ist die Öffentlichkeitsarbeit des Parlaments durchaus noch ausbaufähig um die Bürger adäquat  über die Arbeit des Europäischen Parlamentes zu informieren. Des Weiteren hat sich gezeigt, dass die Wahrnehmung von Land zu Land sehr unterschiedlich ist. Deutschland liegt in den meisten Fällen nahe am Europäischen Durchschnitt.

Hier können Sie Informationen über die Arbeit des Europäischen Parlamentes finden: