Gastbeitrag Frankfurter Rundschau: Europäische Lösung gesucht

Gastbeitrag Frankfurter Rundschau: Europäische Lösung gesucht

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Europäische Lösung gesucht
von Guy Verhofstadt und Michael Theurer

In der Flüchtlingsfrage kann Deutschlands uneingeschränkte, auf den individuellen ethischen Überzeugungen der Bundeskanzlerin basierende Aufnahmebereitschaft so wenig fortgeführt werden wie andernorts starrsinnige Bunkermentalität. Der Gastbeitrag.

In diesem Jahr begehen wir den 60. Jahrestag des Ungarischen Volksaufstandes, als sich die Menschen auflehnten gegen die Herrschaft der kommunistischen Partei. Der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen, die Rote Armee ließ ihre Panzer rollen. Hundertausende Ungarn flohen nach Westen. Erste Station war Österreich – das nicht alle Flüchtlinge aufnehmen konnte, die deshalb auf andere westliche Staaten verteilt wurden. Und heute? Ungarn weigert sich, Flüchtlinge aufzunehmen und wendet sich von Europa ab. Regierungschef Viktor Orban wurde 1963 geboren, nach dem Volksaufstand. Aber er sollte sich einmal bei der Generation seiner Eltern erkundigen, wie die Europäer es 1956 und 1957 mit der Solidarität zugunsten Ungarns gehalten haben.

Stattdessen spuckt Orban nationalistische Töne. Er nimmt zwar gerne Geld aus Brüssel, will aber ansonsten mit der EU nicht viel zu tun haben. Auch nicht mit ihren liberalen, demokratischen Grundsätzen: Unter Orban wird der Rechtsstaat mit Füßen getreten. Seine Partei ist Mitglied der Europäischen Volkspartei, in der auch die CDU Angela Merkels mitmacht – eine Schande.

Die Aufnahme von gerade einmal 2300 Flüchtlingen hatte der EU-Gipfel vergangenen Oktober für Ungarn vorgesehen. Und dagegen zieht die Regierung Orban vor den Europäischen Gerichtshof. Insgesamt haben nur rund die Hälfte der EU-Staaten überhaupt Flüchtlinge über den damals mit einiger Erleichterung auf den Weg gebrachten Verteilerschlüssel aufgenommen, der für nur 160 000 Flüchtlinge galt.

Ein Rückschlag für EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der den Verteilerschlüssel initiiert hatte, nachdem ein solcher Mechanismus zuvor lange gefordert worden war – im Europaparlament besonders von der Fraktion der Liberalen (ALDE) – aber nichts passierte. Eine Blamage auch für den Europäischen Rat, dessen in Brüssel gefasste Beschlüsse später nicht umgesetzt werden, und in erster Linie ohnehin der Herausforderung in keiner Weise gerecht werden.

Das muss beim Gipfel am 18. Februar anders werden. Deutschlands uneingeschränkte, auf den individuellen ethischen Überzeugungen der Bundeskanzlerin basierende Aufnahmebereitschaft kann so wenig fortgeführt werden wie andernorts starrsinnige Bunkermentalität. Was wir erleben, ist ein Chaos, das nicht nur das Elend hunderttausender Menschen auf der Flucht verlängert, sondern Rechtspopulisten und Neonazisten stark macht und EU und Schengen-Raum ins Wanken bringt.

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