Gastbeitrag Südwestpresse (Neckarchronik): Keinen Strukturbruch

Gastbeitrag Südwestpresse (Neckarchronik): Keinen Strukturbruch

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Ursprünglich hätte es beim Automobilgipfel um Digitalisierung und autonomes Fahren gehen sollen. In diesen Bereichen liegen nicht nur große Chancen für die Automobilindustrie. Denn selbständig fahrende Fahrzeuge könnten auch zur gesellschaftlichen Teilhabe für diejenigen beitragen, deren Mobilität derzeit eingeschränkt ist. Auch der ländliche Raum könnte profitieren: sich ein Carsharing-Auto in den Schwarzwald zu rufen wäre in vielen Fällen attraktiver und mit Sicherheit ressourcenschonender als der ÖPNV: Zu Randzeiten einzelne Passagiere in Bus und Bahn herum zu transportieren ist ökonomisch und ökologisch nicht gerade die beste vorstellbare Lösung. Autonomes Fahren hat – mit den Worten der Bundesregierung auf unsere Anfrage – „ein erhebliches Potenzial, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, die Verkehrseffizienz zu steigern, Emissionen zu reduzieren, den Innovationsstandort Deutschland zu fördern und moderne, nachhaltige Mobilität zu ermöglichen.“

Doch bisher fehlen die rechtlichen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen, um hier wirkliche Fortschritte zu erzielen. Doch das Verkehrsministerium kommt nicht voran – möglicherweise ist Verkehrsminister Scheuer mit seinen vielzähligen Skandalen zu stark ausgelastet.

Statt um Zukunft geht es nun erneut um die kurzfristige Rettung der Automobilindustrie. Es steht viel auf dem Spiel, allein hier im Landkreis viele tausende Arbeitsplätze. Die Krise dieser Schlüsselindustrie hat die Bundesregierung maßgeblich mit zu verantworten.

Ein Überleben der deutschen Automobilindustrie mit so vielen Arbeitsplätzen wie heute wird es nur geben, wenn es faire Rahmenbedingungen für klimaneutrale Kraftstoffe und für Wasserstoff gibt. Alles andere ist Augenwischerei. Nach einer Studie des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit (IAB) werden durch die batteriegetriebene Elektromobilität in Deutschland mindestens 100 000 Arbeitsplätze verloren gehen – und zwar vor allem die gut bezahlten.

Gerade in schwieriger wirtschaftlicher Lage wie jetzt können wir uns einen solchen Strukturbruch nicht leisten. Die Bundesregierung muss endlich den Irrweg der einseitigen Fokussierung auf Batterieautos beenden.

Als Erstes muss die Verschärfung der EU-Flottengrenzwerte mit ihren milliardenschweren Strafzahlungen für deutsche Autohersteller ausgesetzt werden. Denn die Grenzwerte sind völlig falsch angesetzt: Aktuell zählen dort Batterieautos fern jeder Realität mit null Emissionen, während auf der anderen Seite sogenannte E-Fuels, also klimaneutrale Kraftstoffe für Verbrenner, gar nicht angerechnet werden können. Wer solche Politik macht, der täuscht Klimaschutz besonders wirksam vor, erreicht aber in Wirklichkeit nur die Vernichtung von Wohlstand und Arbeitsplätzen.

Man muss daran erinnern: EU-Richtlinien und -Verordnungen entstehen immer unter Mitwirkung der Bundesregierung. Die Hand, die in Berlin das Mikrofon hält wenn sich deutsche Minister über drohende Arbeitsplatzverluste beklagen, war auch die Hand, die sich in Brüssel zustimmend erhob als die drastischen Fehlregulierungen beschlossen wurden. Mit dieser Symbolpolitik muss endlich Schluss sein.