Kolumne Neckarchronik: Grüne Scheindebatten

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Es vergeht kein Tag, an dem sich nicht irgendwo irgendein Politiker ein neues Verbot oder eine neue Steuer ausdenkt – oder alte Verbotsideen aus der Klamottenkiste holt. Aktuell diskutiert die Bundesrepublik über das Verbot, auf Autobahnen schneller als 120 km/h zu fahren, über Fahrverbote verschiedenster Art und über höhere Steuern auf Diesel und Benzin. Diese Vorschläge haben zwei gemeinsame Nenner: Sie stehen als Symbol für den Sieg der grünen Moral gegen Vernunft, Menschenverstand und Bürgerwillen. Und sie gab es alle schon in den 70ern und 80ern, begründet mit dem Waldsterben.

In der Realität wurden Kraftwerke durch Entschwefelungsanlagen sauberer gemacht. Und auch die Autos stoßen durch Katalysatoren und andere technische Fortschritte weniger aus. Das Waldsterben wurde damit gestoppt.

Die Argumentationsgrundlagen für Verbote sind auch heute noch reichlich dürftig. Das Tempolimit sorgt nicht für mehr Sicherheit – auf deutschen Autobahnen gibt es weniger Tote pro gefahrenem Kilometer als in nahezu allen anderen Ländern mit allgemeinem Tempolimit.

Könnte das damit zusammenhängen, dass in Ermangelung eines allgemeinen Tempolimits die Ausbildung auf einem hohen Niveau ist und Fahrer, die auch mal 160 fahren, insgesamt das Fahrzeug auf Dauer besser unter Kontrolle haben?

Wer aus dem ländlichen Raum nach oder durch Stuttgart fahren will, hat seit dem 1.1.2019 ebenfalls möglicherweise ein Problem: Fahrverbot für Euro 4 Diesel wegen der Gesundheitsbelastung durch Stickoxide und Feinstaub. Nur gut, dass die Messstationen sich nicht in U-Bahnhöfen befinden – denn dort ist die Belastung mit Stickoxiden und Feinstaub regelmäßig höher als am berüchtigten Neckartor. Nur dass das eben nicht in die grüne Verbotsideologie passt. Mit Gesundheitsschutz hat das alles schon lange nur noch am Rande zu tun: Bei den Stickoxiden gibt es keine toxikologische Grundlage für die aktuellen Grenzwerte. Niemand weiß, ob 80 Mikrogramm schädlicher sind als die unbedenklichen 40 Mikrogramm. Die Studien sind lediglich epidemologisch – wo weniger Stickstoff in der Luft ist, ist insgesamt die Lebenserwartung minimalst höher. Könnte aber eben auch daran liegen, dass das Landleben insgesamt entspannter ist.

Und schließlich die Steuerpläne, die ja auch von weiten Teilen der Sozialdemokratie geteilt werden. Haben die eigentlich völlig vergessen, dass gerade Menschen mit geringem Einkommen hiervon am härtesten getroffen werden? Schon heute machen Steuern bei einem Benzinpreis von 1,55 Euro über 90 Cent aus – ein Steuersatz von 58%! Der regelrechte Volksaufstand, den eine höhere Besteuerung von Diesel und Benzin in Frankreich nach sich zog, sollten sich Politiker auch hierzulande als Warnung nehmen.

Dabei gäbe es mit dem Emissionszertifikatehandel längst effizientere Wege des Klimaschutzes:

Wo er wirkt – bei der Industrie – ist der CO2 Ausstoß gesunken. In anderen Sektoren nicht.

Durch die allgemeine Begrenzung der Verschmutzungsrechte und anschließendem Handel damit wird dort CO2 eingespart, wo es am billigsten ist – und das ist schon lange nicht mehr der Straßenverkehr. Doch bisher ist der Straßenverkehr nicht in den Zertifikatehandel integriert. Stattdessen gibt es hier ein Flickwerk aus unterschiedlichsten Lenkungssteuern bzw. Steuerbegünstigungen. Regelrechte Kaskaden planwirtschaftlicher Regeln führen nicht zum Ziel. Damit muss endlich Schluss sein – CO2 braucht nur einen Preis.