Gastbeitrag Frankfurter Rundschau: Maßnahmenpaket nur Scheinlösungen und Absichtsbekundungen

Gastbeitrag Frankfurter Rundschau: Maßnahmenpaket nur Scheinlösungen und Absichtsbekundungen

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Die Bundesregierung hat mit dem Wohngipfel die Chance gehabt, sich als Problemlöser inmitten des Dauerzoffs zu präsentieren. Dabei werden aber die Ursachen kaum angegangen. Stattdessen doktern Union und SPD an den Symptomen herum, verhaken sich im Klein-Klein. Gut regieren ist anders.

Es hätte alles so schön sein können: Wirtschaftsminister Peter Altmaier hätte beweisen können, dass er – als selbsternannter Erbe Ludwig Erhards – in der Lage ist, in Wirtschaftssystemen zu denken und eine entsprechende Ordnungspolitik zu machen.

Finanzminister Olaf Scholz hätte demonstrieren können, dass er anders als bei der Rente über diese Legislatur hinausdenkt und sieht, welche kurzfristigen Anreize von der langfristigen Steuergesetzgebung ausgehen. Und Bauminister Horst Seehofer hätte endlich die Rückkehr zur Sachpolitik vollführen können – viel höhere Ansprüche hat man hier ja schon nicht mehr.

Leider kam es anders. Das laut Kanzlerin Angela Merkel historisch einmalige Maßnahmenpaket besteht aus kurzfristigen Scheinlösungen und langfristigen Absichtsbekundungen. Warum ist Bauen so viel teurer geworden; warum ist der Kauf von Immobilien in den Städten so viel teurer geworden – und damit auch die Mieten? Erstens wurde der Steuerrahmen in den letzten Jahrzehnten massiv verschlechtert. Zweitens ist Bauland in den Ballungszentren aufgrund der anhaltenden Landflucht knapp. Und drittens ersticken wir in Bürokratie. Wurden diese Probleme gelöst? Nein.

Dabei klingt manches zunächst gut. Es wurden hohe Subventionen angekündigt: Fünf Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau, 2,7 Milliarden für das Baukindergeld. Das klingt nach viel. Doch diese knapp acht Milliarden Euro werden über vier Jahre ausgeschüttet, jährlich sind es also weniger als zwei Milliarden.

Sie entsprechen lediglich dem, was es zwischen 2010 und 2017 an Steuererhöhungen allein bei der Grunderwerbssteuer gab. Im Klartext: Die Mehreinnahmen, die durch Steuern im Wohnbereich pro Jahr erzielt werden, bekommen die Steuerzahler nun über vier Jahre zurück. Während sie weiter jährlich Milliarden an Steuern in diesem Bereich zahlen. Das ist geradezu zynisch. Stattdessen sollte der Bund einen Freibetrag für die erste selbst genutzte Immobilie finanzieren, damit der Traum von den eigenen vier Wänden auch für junge Familien endlich wieder realistisch wird.

Auch das Sonder-Abschreibe-Programm klingt zunächst gut, ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Über vier Jahre können Neubauten nun mit zusätzlichen fünf Prozent abgeschrieben werden – die bisherigen jährlichen zwei Prozent bleiben erhalten. Machen wir uns bewusst: Abschreibungen sind dazu da, den Wertverlust durch Abnutzung angemessen steuerlich abzubilden. Da moderne Gebäude Hightech-Anlagen sind, geht die Forschung inzwischen davon aus, dass nach etwa 25 bis 30 Jahren der Anschaffungswert aufgezehrt ist. Die Abschreibungsrate müsste dementsprechend jährlich zwischen drei und vier Prozent liegen.

Das fordern auch Mieterbund, Wohnungswirtschaft, Bauwirtschaft, Gewerkschaften – und die Freien Demokraten. Durch die Sonderabschreibung wird nun der Lebenszyklus steuerlich von 50 auf 40 Jahre gesenkt. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber deutlich kleiner als angemessen. Noch dazu ist auch dieses Programm zeitlich befristet, nach der Legislatur haben wir also die gleichen Probleme erneut.

Was das Bauland angeht, so gilt für die Bundesregierung der alte Verwaltungsspruch: „Und wenn du nicht mehr weiterweißt, dann gründe einen Arbeitskreis.“ Ergebnisse sind für den Sommer 2019 angekündigt. Was soll man da noch sagen?

Der Bund hat in den sieben Topmetropolen über zwei Millionen Quadratmeter unbebaute Fläche. Die werden gebraucht. Bund, Länder und Kommunen sind aufgefordert, Bauland zur Verfügung zu stellen. Gerne zweckgebunden, damit etwa Genossenschaften günstigen Wohnraum schaffen können.

Und schließlich die Bürokratie. Wir haben inzwischen 20 000 Vorschriften, die beim Bau beachtet werden müssen. Allein für die fehlenden 1,5 Millionen Wohnungen entstehen dadurch Kosten von 30 Milliarden Euro. Hier ist angekündigt, dass die Länder eine neue Musterbauordnung beraten werden. Das ist zu wenig.

Von den Kommunen müssten Zusagen her, dass sie der Nachverdichtung durch Aufstockung nicht mehr im Wege stehen, denn gerade die Leichtbauweise bietet hier enorme Chancen. Der Bund selbst könnte Typengenehmigungen für serielles Bauen auf den Weg bringen, was die Bürokratie gerade im sozialen Wohnungsbau massiv senken würde. Und wir brauchen auch eine faire Balance im Mietrecht.