Interview Münchener Merkur: Trump wird TTIP wieder flottbekommen

Interview Münchener Merkur: Trump wird TTIP wieder flottbekommen

Print Friendly, PDF & Email

Frage: Herr Theurer, unsere These: In Washington ist ein Wunder geschehen.

Theurer: Donald Trump und Jean-Claude Juncker haben ein sehr erfreuliches Signal im Handelsstreit gesendet. Und ich wage eine große Prognose: Sie schaffen es, das auf Grund gelaufene TTIP-Abkommen wieder flottzubekommen. Das wäre ideal.

Frage: Vorsicht, die FDP ist wegen ihres Eintretens für TTIP schon mal geprügelt worden…

Theurer: Ja, der Widerstand war damals in Deutschland und Österreich groß, die anderen Länder waren für TTIP. Seit Trump US-Präsident ist, sieht die Öffentlichkeit ja deutlich, wie nötig Freihandel ist. Vor allem für eine so exportabhängige Wirtschaft wie unsere.

Frage: Sollte die Kanzlerin das Thema wieder anpacken?

Theurer: Sie muss die Handelspolitik zur Chefsache machen. Es war ein Fehler, dass Frau Merkel, Herr Macron und die EU-Handelskommissarin Malmström einzeln nach Washington gereist sind. Zusammen hätten sie zeigen können, dass sich die EU nicht spalten lässt.

Frage: Schön und gut, aber Trump misstraut multilateralen Abkommen…

Theurer: Vielleicht ist es wie in Goethes „Faust“. Da sagt Mephisto: „Ich bin ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“ Trump ist unberechenbar. Es wäre trotzdem unklug, wenn sich die EU anderen zuwenden würde. Eine Achse Brüssel–Moskau–Peking kann die transatlantische Partnerschaft nicht ersetzen.

Frage: Wir leisten uns aufgeregte Debatten über Stickstoff-Emissionen, während der Autoindustrie höhere Zölle drohen. Verstehen Sie diese Diskussion noch?

Theurer: Die Software-Manipulationen haben den Ruf der deutschen Autoindustrie schwer ramponiert. Und VW hat noch immer nicht für volle Aufklärung gesorgt. Aber auch die Regierung kommt nicht zu Lösungen, sondern streitet offen darüber, ob technische Nachrüstungen möglich sind. Wir fordern verlässliche Rahmenbedingungen, das haben die Dieselfahrer verdient. Die Kanzlerin muss hier ihre Richtlinienkompetenz geltend machen.

Frage: Apropos Streit. Sie sagten kürzlich, der Unions-Zwist könne Deutschland destabilisieren. Malen Sie da nicht sehr schwarz?

Theurer: In Helsinki teilen die Präsidenten Trump und Putin die Welt auf und in Berlin streiten Seehofer und Merkel…

Frage: …über ein wichtiges Thema.

Theurer: Schon. Aber entscheidend ist, dass wir in Deutschland einen gesamtgesellschaftlichen Konsens zu Asyl und Migration bekommen – dann können wir handeln. Ich sage: Stichprobenartige Grenzkontrollen ja, so lange die EU-Außengrenzen nicht geschützt sind. Und wir brauchen endlich ein Zuwanderungsgesetz. Es gibt großes Kopfschütteln darüber, dass junge Leute, die hier arbeiten und sich integrieren, zurückgeschickt werden.

Frage: Das ist in etwa der Kompromiss der GroKo.

Theurer: Bislang gibt es von der Union kein grünes Licht für ein Zuwanderungsgesetz. Das ist ein großer Fehler.

Frage: In Bayern dürfen Asylbewerber im Verfahren nicht arbeiten.

Theurer: Wir müssen pragmatisch denken. So lange es an Fachkräften mangelt, sollten Menschen, die sich integrieren wollen, auch arbeiten dürfen.

Frage: Pragmatismus ist gut. Warum dringen Sie damit nicht durch?

Theurer: Die Migrationsdebatte ist emotional aufgeladen und die demokratischen Parteien veranstalten in dieser Frage lieber ein Gezänk, statt sich schnell auf ein Maßnahmenpaket zu einigen. Wenn der Rechtsstaat handelt und Schwächen beseitigt, wird es gelingen, extreme Kräfte zurückzudrängen.

Frage: Jetzt ist Sommerpause. Ihre GroKo-Bilanz?

Theurer: Die Koalition packt wichtige Themen nicht an, die Migrationspolitik überlagert alles. Wir vergessen, dass Wachstum und Wohlstand kein Dauerzustand sind. Der digitale Tsunami ist in vollem Gange und weite Teile des deutschen Mittelstandes laufen Gefahr, hinweggefegt zu werden. Statt sich darum zu kümmern, verteilt die Regierung Geschenke.

Frage: Sie meinen Hubertus Heils Rentenplan…

Theurer: Schon die letzte GroKo hat die jüngeren Generationen mit 160 Milliarden Euro belastet, jetzt kommt der nächste ungedeckte Scheck. Die Koalition ist noch sozialdemokratischer geworden und die CSU hat kräftig mitgemacht, Stichwort Mütterrente.

Frage: Sie als FDP profitieren trotzdem nicht, auch nicht in Bayern.

Theurer: Wieso? Sieben bis acht Prozent sind locker möglich. Das ist für Bayern auch notwendig. Viele sind mit dem Kurs der CSU unzufrieden. Wir sind die Alternative für Demokraten.